Mittwoch, 14. Juni 2006
Zufällig bin ich letzte Woche auf der Suche nach dem Kinostart von Drawing Restraint 9 auf das Sommerfestival im CineStar gestoßen und hatte dann am vergangenen Montag Abend die Gelegenheit, den in Cannes sehr erfolgreich gelaufenen " Match Point" von (und nicht mit) Woody Allen zu sehen.
Zwei schöne Stunden Kino über das entscheidende Quäntchen Glück und dessen Einfluss auf unser Leben. Ein für die Zukunft viel versprechender Jonathan Rhys Meyers und eine bezaubernde Scarlett Johansson, die mir schon in Lost In Translation an der Seite von Bill Murray fabelhaft gefallen hat. Kaum etwas an Match Point war störend oder unpassend und die besonders wichtigen Momente waren spannend ohne Spezialeffekte oder reißerische Einstellungen. Sehr interessant fand ich auch den geschickten Einsatz der Musik im Film, der zeitweilig schon mit Kubricks Ideen musikalischer Gestaltung etwa in Uhrwerk Orange Verwandschaft zeigte.
Wer also Spaß an Charakterstudien hat und sich für nüchtern-spannendes Kino interessiert, dem sei dieser von einigen als gelungenster Film von Woody Allen sehr ans Herz gelegt.
Donnerstag, 21. April 2005
Heute habe ich mir die Zeit genommen für einen Film, der schon drohte, in meinem DVD-Regal zu verstauben - und dass, obwohl ich ihn noch nicht einmal gesehen hatte. Das allgemein übliche Lob auf die Coen-Brüder (die Regisseure) trieb mich vor bestimmt einem, wenn nicht anderthalb oder zwei Jahren dazu, "The Man Who Wasn't There" zu kaufen. Das war zwar kein ausschließliches Kaufkriterium, aber es katalysierte die vielversprechende Synopsis auf dem Cover.
Film noir: eine Genrebezeichnung für eine ganz distinktive Art von Film, die durch die fortgelassene Farbe genug Raum bekommt, um anderweitig zu atmen. Beginnend mit dem Vorspann, der mit einem liebevollen Schatten-Effekt (ähnlich dem in der Eröffnung von Sleepy Hollow) einfängt, zeichnet der Film ein eindrucksvolles Charakterbild von Friseur Ed Crane. Die Frau an seiner Seite mag an ihm, dass er nicht viel redet, ganz im Gegensatz zu seinem Barbershop-Vorgesetzten, Frank.
Über sehr große Strecken liebevoll in Szene gesetzt, erzählen mit Konturstift und Füllfarbe gezeichnete Figuren eine Geschichte von Dingen, die nur passieren, weil das Quäntchen, das so oft fehlt, einmal da war. Der Tropfen, der letztendlich den Wasserstand über die kritische Marke hebt und das Pokerspiel beginnen lässt.
Immer wieder grandiose Einstellungen, faszinierendes Spiel mit Licht und Schatten und ein skurriler, wunderbar lakonischer Humor. Ein unter der Fassade überaus farbenfroher Film!
Montag, 11. April 2005
Ich habe keine guten Erinnerungen an große Kinosäle. Alles von pöbelndem, nach Bier stinkendem Mob bis hin zu Labertaschen, die scheinbar per richterlicher Anordnung verpflichtet sind, alles, was sie in ihren Köpfen herumtragen, beim Kinobesuch zu offenbaren. Andererseits habe ich mich auch wirklich aufs Kino gefreut, weil es eben doch etwas Besonderes ist. Man sitzt bequem, der Sound ist gut (und man muss nicht an die Nachbarn denken) - und das wichtigste: Ich konnte was erkennen! Gemischte Gefühle...
Also habe ich mich nach mehrmonatiger Kino-Abstinenz (ich zähle etwa ein halbes Jahr) mit Melli wieder mal ins CineMaxx getraut. Zunächst stand "Be Cool" auf der Liste der möglichen, cineastischen Leckerbissen. Eine kurze Visite bei IMDB brachte Ernüchterung und Gewissheit: den FIlm nicht im Kino. Also haben wir weitergestöbert, bis ich vor lauter Verzweiflung doch noch den Film in der Liste auf der Kino-Webseite angeklickt habe, der mir anfangs am wenigsten vielversprechend aussah. Auch hier wollte ich zunächst quer durch die IMDB-Kritiken und -Bewertungen stöbern, bevor ich mich entscheide. Die Rezensionen hier waren durchweg gut bis sehr gut, mit einigen Ausnahmen, die dem Film wohl unter anderem anlasten, dass er ein (mäßig gelungenes) Remake ist. Aber so ist das mit den Remakes: Wer das Original nicht kennt, ist nicht unbedingt schlechter dran. Das ist vielleicht ohnehin eine nette Taktik, erst das Remake anzusehen und dann das (allgemein als besser eingestufte) Original. So hat man wahrscheinlich zweimal was davon.
Wie dem auch sei, kurzentschlossen machten wir uns auf den Weg ins Kino. Wir kamen pünktlich zu den Vorschaufilmchen und fanden uns in einem angenehm überraschend leeren Kinosaal. Der Film fällt wohl eher in die Special-Interest-Kategorie... Gute Plätze waren durch die Karten ausgewiesen und wir machten uns an die Verzehrung der erstandenen Köstlichkeiten, während der Beginn des Films näher rückte.
Mein Kinogenuss begann schon mit einer für sich genommenen Kleinigkeit, den hereinfliegenden Paramount-Sternen. Diese Studio-Intro ist nach der normalen Universal-Intro meine Lieblings-Filmeröffnung. Mit den bombastischen Blechbläsern fängt mich Universal schon während ihrer "Der ist von uns"-Szene völlig ein - als ob nur für mich vorgeführt wird.
Der Hauptfilm nun überzeugte mich in vielen Belangen. Sicher, als Liebhaber sehr anspruchsvoller Filme mit ordentlich Tiefgang und Mehrsehwert könnte ich einiges aussetzen, etwa, dass manche Übergänge etwas abrupt waren - das generelle Problem heutiger "Blockbuster": Man nimmt sich einfach nicht mehr die eigentich nötige Zeit... Und doch war die Story glaubwürdig und das gleiche gilt für die Charaktere. Zum Teil war die Stimmung in den Straßen dieser kalifornischen Städte recht beklemmend, diverse Gründe, warum ich nicht in den Staaten wohnen will.
Aber der Punkt, warum mir dieser Film gefallen hat, ist der proklamierte Idealismus - der gleiche Grund, warum mir Serien wie JAG gefallen. Da gibt es Leute mit ehernen Prinzipien, die sie laut in die Welt hinaustragen und die ihr Handeln an jedem Punkt bestimmen. Zum Beispiel tritt der neue Coach seinen Spielern von der ersten Minute an mit Respekt gegenüber und verlangt das Gleiche auch von ihnen. Das bedingungslose Festhalten an kostbaren Werten ist einfach Balsam für meine Seele. Ganz oder gar nicht. In den zwei Stunden im Kinosaal fühlte ich mich "warm und trocken".
Von mir also eine Empfehlung: Coach Carter ist sehenswert, obwohl es um Basketball geht. Aber eigentlich stimmt das ja nicht. Eigentlich geht es in dem Film um etwas anderes.
Dienstag, 22. Juli 2003
Wenn man sich zu einem Stück am Schauspielhaus Bochum eine Rezension der Lokalpresse ansieht, findet man in der Regel eine Anhäufung von Superlativen und viele lobende Worte. Nachdem ich bereits vor einiger Zeit Helge Schneiders erstes Werk für die Bühne genießen konnte, habe ich mich am letzten Freitag mit meiner Freundin in ein richtiges Theaterstück gewagt. Wir kamen, sahen "Warten auf Godot" von Samuel Beckett und waren begeistert. Ich habe zu wenig Erfahrung als Theatergänger, dass ich vergleichen könnte, wie sich die Bühnenbilder in den letzten, sagen wir, zwanzig Jahren verändert haben, aber der Trend zu sehr einfachen Bildern scheint sich doch durchzusetzen. Oft wird dies ja gerechtfertigt damit, dass man mit einer kargen Bühne den Schwerpunkt auf die Schauspieler und das Stück legen kann und nicht mit einer prunkvollen Szenerie ablenkt. Darüber möchte ich mich hier eigentlich gar nicht auslassen. ich kann dem jedenfalls zustimmen und für mich auch sagen, dass mir spartanische Inszenierungen sehr lieb sind.
Ich kannte das Stück nicht, was ja im klassischen Theater oft ein großes Risiko ist, will man vom Drama etwas mitnehmen. Erfreulicherweise stellte sich "Warten auf Godot" als ein Stück heraus, das so sehr von den Charakteren lebt, dass man gar keine echte Handlung braucht. Es wird gewartet auf Godot, doch niemand weiß wirklich, wer das ist und wann er kommt. Nur Wladimir (Michael Maertens) ist ganz sicher, dass er kommt und motiviert seinen Freund Estragon (Ernst Stötzner) immer wieder aufs Neue. So vertreiben sie sich die lange Zeit mit immer neuen Ideen.
Und dann der eigentliche Grund, der mich zum Theaterbesuch bewegte: Harald Schmidt spielt mit. Doch die Überraschung war groß für mich. Er spielt nur eine Nebenrolle mit einem langen, komplizierten Monolog, ansonsten teilnahmslose Starre seinerseits, sehr schwierig, das so lange durchzuhalten, glaube ich. So liegt der Schwerpunkt dann doch auf den Bildern, die Wladimir und Estragon malen, links und rechts neben dem Baum, einer wirklich traurigen Trauerweide, der im zweiten Akt dann doch noch ein Blatt beschert ist. Der ansonsten kahle Baum in der Mitte der neigbaren Bühne, vor untergehender Sonne und aufgehendem Mond.
Und da fiel mir wieder etwas auf: einige im Publikum lachten sofort über das, was Harald Schmidt sagte, als wäre es undenkbar, dass dieser mann etwas ernst Gemeintes sagen kann. Überhaupt schien es mir wieder so, als ob die Bezeichnung Komödie rechtfertigt, über jede leicht komische Anwandlung in schallendes Gelächter auszubrechen, waren doch viele stellen nur selbstironisch, melancholisch, gar nicht wirklich zum Lachen. Wladimirs Erkenntnis am Schluss, irgend etwas muss da falsch sein, irgend etwas ist nicht so, wie es sein soll. Auch er ist am Ende des Wartens müde geworden und nimmt bei der letztmaligen Wiederholung Estragons Vorschlag an. "Komm, wir gehen." - sagen sie und bleiben stehen, bis der Vorhang fällt. Licht aus im Schauspielhaus.
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